Mit der rasanten Entwicklung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie hat das Thema Urheberrecht den rein rechtswissenschaftlichen Diskurs verlassen und steht nunmehr wie kein anderes Rechtsgebiet im Fokus einer breiten öffentlichen Debatte. Geistige Schöpfungen werden heute überwiegend in digitaler Form verwertet und genutzt. Dies stellt die traditionelle Konzeption des Urheberrechts, die sich historisch bedingt stark an analogen Verwertungs- und Nutzungsformen orientiert, vor neue rechtliche, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen. Daher gilt es ein Anforderungsprofil und Vorschläge für ein modernes Urheberrecht, das von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen wird, zu entwerfen.
Zahlreiche rezente Beispiele aus der europäischen und nationalen Rechtsprechung belegen, dass das Urheberrecht auf vielfältige Weise den aktuellen technologischen und sozialen Gegebenheiten kaum mehr gerecht wird: Sei es die Möglichkeit des Weiterverkaufs von digital erworbenen Gütern (EuGH C-128/11 – UsedSoft), die immer schwieriger zu erzielende Abgrenzungen der Sphären des Öffentlichen und des Privaten (EuGH C-306/05 – SGAE/Rafael), die Reichweite der Privatkopiebefugnis (EuGH C-435/12 – ACI Adam) und der Freistellung temporärer Kopien (C-360/13), die Verantwortlichkeit von Internet-Providern für im Internet begangene Urheberrechtsverletzungen (OGH 4 Ob 6/12d - kino.to/UPC), Hyperlinking im Internet (EuGH C-466/12 - Svensson) oder die Implementierung effizienter Vergütungssysteme, etwa in Form von Festplattenabgaben (OGH 4 Ob 43/12w).
Vor diesem Hintergrund widmet sich dieses rechtswissenschaftliche Forschungsprojekt unter Einbeziehung von Schüler/innen der Ermittlung eines Anforderungsprofils für eine moderne Urheberrechtsordnung, die Interessen von Schöpfer/innen und Nutzer/innen gleichermaßen und ausgewogen berücksichtigt. Ein besonderes Anliegen dieses Projekts ist es auch, dem neuen Paradigma der „Prosuming Culture“ – also der Konvergenz von Nutzung und Schöpfung – Rechnung zu tragen. Im Rahmen des Forschungsprojekts sollen grundlagenorientiert, durch empirische Forschung unterlegte Faktoren für eine konzeptionelle Modernisierung des Urheberrechts ermittelt werden. Dies betrifft insbesondere Fragen des urheberrechtlichen Werkbegriffs, des Schutzumfangs, der Rechteinhaberschaft, des Urhebervertragsrechts, der kollektiven Rechtewahrnehmung sowie der freien Werknutzung.
Die Forschungszusammenarbeit mit den Schüler/innen des TGM Wien, die aufgrund ihrer schulischen Ausbildung das erforderliche technisch-wirtschaftliche Hintergrundwissen mitbringen und als „Digital Natives“ Inbegriff der Prosumer Culture sind, verspricht sowohl für die Schüler/innen als auch für die Forschenden einen wichtigen Mehrwert. Der spezifische Insight dieser Generation und zugleich deren Konfrontation mit unterschiedlichen Interessenslagen im politischen Diskurs lässt wichtige und überraschende Erkenntnisse erwarten. Es sollen dabei auch die nutzer/innen- und schöpfer/innen/spezifischen Interessen sowohl im Lichte des aktuellen technischen Standes der Informations- und Kommunikationstechnologien (Nutzung digitaler Güter im Internet) als auch mit Blick auf relevante zukünftige Technologien (zB 3D-Printing und Virtual Reality) ermittelt werden. Die Kooperation von Schule und Universität soll auch Basis für eine vertiefte Untersuchung jener Anforderungen an das Urheberrecht sein, welche die moderne Forschungs- und Lehrtätigkeit mit sich bringt (Stichwort: E-Learning).
Darauf aufbauend soll in der Forschungszusammenarbeit mit den Schüler/innen ein Anforderungsprofil an ein modernes, ausgewogenes Urheberrecht erstellt werden. In dieser Phase sollen die Schüler/innen durch empirische Forschungsarbeit und Expert/inn/envorträge auch die Standpunkte der verschiedenen in den Reformprozess involvierten Gruppierungen (Urheber/innen, Contentindustrie, Werkverwerter, Verwertungsgesellschaften etc) kennen lernen und mit den Nutzer/innen/interessen abgleichen.
Schließlich sollen von der Zusammenarbeit von (Rechts-)Wissenschaft und Schüler/innen wichtige Impulse für die Schaffung eines Urheberrechts ausgehen, das (neue) Anreize für kreatives Schaffen setzt und einen fairen Ausgleich der wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten sichert.
Die Schüler/innen werden in adäquater Weise in den Forschungsprozess eingebunden. Dies beginnt beim Studium der einschlägigen Literatur und ihrer Aufbereitung, setzt sich mit der Durchführung empirischer Forschung fort und endet mit dem gebotenen Wissenstransfer. Die involvierten Schüler/innen werden daher auch in publikumsbezogenen Publikationen und Konferenzen die Möglichkeit haben, sich aktiv zu beteiligen. Auch sollen Ferialpraktika, die in einem kompetitiven Auswahlverfahren vergeben werden, den Schüler/innen erste Berufserfahrungen im universitären Forschungsumfeld ermöglichen.
Die Verbreitung der Forschungsergebnisse ist anhand von Beiträgen in Fachzeitschriften sowie durch Vorträge auf nationalen und internationalen Fachkonferenzen geplant. Komplementär zur Aufbereitung der Erkenntnisse für die Scientific Community werden elektronische Medien (insbesondere Soziale Netzwerke) für einen publikumsorientierten Wissenstransfer genutzt.